Von Antonia Dopp und Joana Fuchs
„Die Chalk Talks sind etwas, bei dem wir auch selbst überhaupt die ganze Bandbreite des Campus sehen. In der Zukunft hoffen wir, dass wir die Diversität in der Forschung am Campus in den Chalk Talks weiterhin abbilden können.“
Prof. Bleidorn, Wissenschaftlicher Leiter des Forum Wissen
Wissenschaft scheint oft sehr abstrakt zu sein. Allein der Begriff selbst scheint bereits abstrakt, denn was ist schon “Wissenschaft”? Klar, Wissenschaft hat mit Forschung, Methodik und Erkenntnissen zu tun, aber allein die Anzahl wissenschaftlicher Forschungsfelder ist riesig. Da lässt es sich leicht sagen “Die Wissenschaft macht das und das“, ohne auch nur ansatzweise deutlich zu machen, wen oder was man damit meint. Aber wie macht man “Wissenschaft” greifbarer? Für die Forschung in Göttingen gibt es einen Weg: Die “Chalk Talks” des Forum Wissens. Darüber haben wir mit Prof. Dr. Christoph Bleidorn gesprochen; er ist der wissenschaftliche Leiter des Forum Wissens und Mitbegründer der Chalk Talks.
GöHört: Wie kamen Sie auf die Idee der Chalk Talks?
Prof. Bleidorn: Als wir das Forum Wissen vor knapp zwei Jahren eröffnet haben, am 31.05.2022, wurde uns relativ schnell klar, dass wir eine regelmäßige Reihe brauchen, in der wir die Wissenschaft des Campus vorstellen und den Wissenschaftler:innen ein Format geben, in dem sie sich vorstellen und wo wir einen leichten Kontakt zur Zivilgesellschaft aufbauen können. Das war der erste Gedanke. Wir haben tatsächlich aber gar keine richtigen Vortragsräume im Forum Wissen. Der Hörsaal ist noch nicht renoviert – es ist unklar, ob der überhaupt zeitnah renoviert wird. Wir haben keine richtigen Seminarräume, sodass wir [derzeit] einen Durchgangsraum haben. Dann sind wir aber relativ schnell auf die Idee gekommen, dass man ein Format analog aufbauen könnte, ohne PowerPoint, nur mit Tafel und Kreide oder sonstigen Materialien, um Vorträge zu realisieren. Das war etwas, was ich auch selbst für die Abteilung, in der ich arbeite, die Evolution und Biodiversität der Tiere, im Hinterkopf hatte. So kam das zustande und dann haben wir das einmal mit drei Vorträgen ausprobiert. Den allerersten habe ich selbst gemacht, um einmal zu schauen, wie das funktioniert, bevor ich da andere einlade und vielleicht klappt das in dem Raum ja gar nicht so gut und dann haben wir immer weiter gemacht.
GöHört: Was ist der Gedanke oder das Ziel hinter den Chalk Talks?
Prof. Bleidorn: Der Gedanke und das Ziel sind zum einen, dass wir eine Möglichkeit haben, dass sich der Campus vorstellen kann und ein bisschen zeigen kann “Was machen wir hier eigentlich für Wissenschaft?”, um dann auch ein sehr breites Spektrum zu zeigen. Zum anderen ist es ein sehr niederschwelliges Format, wo man auch danach gut mit den Vortragenden ins Gespräch kommen kann. Das sehen wir auch immer wieder: Da gibt es nicht so große Barrieren, man kann einfach Fragen stellen, nach dem Talk noch einmal hingehen und sich unterhalten und das kommt sehr, sehr gut an.
GöHört: Damit kommen wir auch schon zu unserer nächsten Frage: Wie werden denn die Chalk Talks angenommen? Wie ist die Resonanz?
Prof. Bleidorn: Die Resonanz sowohl auf dem Campus als auch bei den Besucher:innen ist grundlegend sehr positiv. Die Zahlen variieren von 40 bis 140 Personen, die dort bei den Talks sitzen. Bei manchen ist mehr, bei manchen weniger los – liegt auch immer daran, was freitags noch so für Veranstaltungen sind. Es wird sehr gut angenommen. Das sehen wir sowohl bei den Zuhörenden, denen es gefällt, niederschwellig mit den Vortragenden ins Gespräch zu kommen, als auch bei denen, die vortragen. Für diese ist es oft ein ungewöhnliches Format, da sie sich dann oft mehr Gedanken machen müssen, als wenn sie einen wissenschaftlichen Vortrag halten und dort eingeladen werden. Die aber dafür immer mit gutem Feedback belohnt werden – und auch bei der Vorbereitung etwas [Neues] lernen.
GöHört: Jetzt waren ja gerade schon die Vortragenden im Fokus. Als nächstes würde uns interessieren: Wie finden sich die Vortragenden? Werden in irgendeiner Form (thematische) Schwerpunkte gesetzt?
Prof. Bleidorn: Das ist ganz verschieden. Zum Teil ist es so, dass wir Personen fragen, mit denen wir in einem anderen Kontext – vielleicht auch schon im Forum Wissen – im Gespräch waren. Dann fragen wir einfach: Haben Sie nicht mal Lust, einen Chalk Talk zu machen? Jetzt kennen auch das Format schon alle auf dem Campus und dann sagen [sie] ja oder nein – zum Glück öfter ja als nein. Zum anderen ist es so, dass wir das teilweise thematisch machen in Anlehnung an Sonderausstellungen.
Zum Teil haben wir [also] thematische Anlehnungen, zum Teil ist es so, dass wir unsere Themen ganz zufällig finden, und manchmal sind es aktuelle Anlässe. Einer der allerersten Chalk Talks, den wir hier hatten, war von Prof. Heinig aus den Rechtswissenschaften. Da ging es im Grunde um eine rechtliche Beurteilung des zivilen Ungehorsams, was gerade bei den Klimaprotesten eine große Rolle spielte. Und das war eine Frage, die gerade absolut im Zeitgeist war und da war natürlich auch der Vortragssaal voll und es war eine hervorragende Veranstaltung. Das passte sehr gut zum aktuellen Thema.
GöHört: Jetzt gerade läuft bereits die vierte Chalk Talk Season. Hat sich seit Beginn der Reihe etwas verändert?
Prof. Bleidorn: Tatsächlich hat sich gar nicht so viel verändert: Der Ort hat sich nicht geändert, die Tafel ist immer noch die gleiche, ein bisschen unterdimensioniert und klein, was uns immer wieder mitgeteilt wird – und auch stimmt (Prof. Bleidorn lacht kurz).
Eigentlich hat sich am Format selbst nichts geändert. Was sich geändert hat, ist, dass es immer bekannter wird, sowohl in Göttingen als auch auf dem Campus. Und auch wenn wir die Vortragenden fragen, kennen die das Format häufig schon. Dann brauche ich gar nicht erklären, was wir vorhaben, sondern sie wissen gleich: Na klar, da mache ich auch mal mit.
GöHört: Die letzte Frage für heute: Was erhoffen Sie sich für die Zukunft der Chalk Talks?
Prof. Bleidorn: Wir wollen natürlich weiterhin hoffen, dass es auf einem hohen Niveau stattfindet. Dass wir damit viele Besucher:innen ins Forum Wissen locken. Die Chalk Talks sind etwas, bei dem wir auch selbst überhaupt die ganze Bandbreite des Campus sehen. In der Zukunft hoffen wir, dass wir die Diversität in der Forschung am Campus in den Chalk Talks weiterhin abbilden können. Im Grunde wollen wir so weitermachen, wie wir angefangen haben.
GöHört: Vielen Dank für das Interview!
Wissen zugänglich machen ist dementsprechend ein zentraler Aspekt der Chalk Talks, denn Wissenschaft muss übersetzt werden. Was bringt uns alles Wissen der Welt, wenn es nicht verstanden werden kann? Bei der ganzen Bandbreite an Informationen, die uns zur Verfügung stehen und der Tatsache, dass diese sehr häufig ungefiltert geteilt werden, verliert sich dieser Nutzen jedoch allzu schnell.
An dieser Stelle greifen Formate, wie die Chalk Talks, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, eine Brücke zwischen dem Fachjargon der Wissenschaft und der Bevölkerung zu bauen. Diesem einen möglichen Weg der Wissenschaftskommunikation sind wir weiter nachgegangen und haben drei der Vortragenden Forschenden aus der aktuellen Staffel der Chalk Talks interviewt, die sich dieser Herausforderung gestellt haben.
Den link zum ganzen Beitrag im Podcast findert ihr hier:
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