Von Antonia Dopp und Joana Fuchs
„Mir wurden heute Abend Fragen gestellt, auf die ich selbst vielleicht gar nicht kommen würde, und diese Fragen zwingen mich auch immer wieder, kritisch zu beleuchten, warum ich was wie genau mache.„
Prof. Woud, Professorin für Klinische Psychologie und Experimentelle Psychopathologie
Seit Oktober 2023 ist Prof. Dr. Marcella Woud Professorin am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Experimentelle Psychopathologie hier in Göttingen. Parallel dazu ist sie approbierte Psychologische Psychotherapeutin. In ihrer Forschung beschäftigt sich Prof. Woud vor allem mit kognitiven Mechanismen im Bereich der Angst, Depressionen und Trauma. Mit ihrem Vortrag “Doppel G – Wie Gedanken (Angst)Gefühle beeinflussen können”, nimmt Prof. Woud die Zuhörenden mit in die Thematik der psychischen Gesundheit und stellt sich so der Herausforderung, aber auch Chance, sich mit einer zugleich sehr persönlichen, aber auch gesamtgesellschaftlich relevanten Diskussion auseinanderzusetzen. Dementsprechend hoch ist ihr Interesse an der Verbreitung von belastbarem Wissen über die menschliche Psyche in der Gesellschaft.
GöHört: Was liegt Ihnen mit dem Vortrag bei den ChalkTalks am Herzen und warum haben Sie zugesagt?
Prof. Woud: Ich möchte meine Themen und meine Forschung der Öffentlichkeit zugänglich machen, wir als Forschende haben eine Verantwortung zu informieren, und vielleicht nochmal mehr in Bereichen, wo es um gesellschaftlich relevante Themen wie psychische Gesundheit geht.
Ich möchte auch das Interesse und Vertrauen in die Forschung stärken, da sie für vieles, was uns im Alltag begegnet, relevant ist, bzw. alltäglichen Dingen zugrunde liegt, auch wenn wir es nicht immer sofort merken.
Ich erlebe den Austausch mit Nicht-Forschenden immer als sehr inspirierend. Kolleg:innen bieten auch immer neuen Input, aber dennoch ist man ja durch seine eigene Disziplin ein wenig verzerrt. Mir wurden heute Abend Fragen gestellt, auf die ich selbst vielleicht gar nicht kommen würde, und diese Fragen zwingen mich auch immer wieder, kritisch zu beleuchten, warum ich was wie genau mache.
GöHört: Wie groß ist der Unterschied zwischen dem, was Sie präsentiert haben, und dem, woran Sie „wirklich“ forschen?
Prof. Woud: Ich habe heute weniger präsentiert, als ich erforsche, aber die Beispiele, die ich gezeigt habe, sind in der Tat Stimuli, die ich auch in meiner Forschung verwende, genauso wie die Prozesse und Zusammenhänge, die ich gezeigt habe. Ich habe bestimmte Details weggelassen und teilweise Dinge mit anderen Begriffen erklärt, und die Komplexität des ganzen habe ich eher im Ansatz präsentiert.
GöHört: Wie übersetzt man Wissenschaft?
Prof. Woud: Ich denke, solche Formate wie heute beim Forum Wissen eignen sich ganz wunderbar, bei denen man seine Forschung präsentiert, aber auch direkt ansprechbar ist und in den Austausch gehen kann. Das Gleiche gilt für die aktuelle Ausstellung des Graduiertenkollegs „Ich-Du-Wir“, wo man auch aktive Elemente hat und Dinge ausprobieren kann. Andere mögliche Formate wären Publikationen, aber dann nicht in Fachjournalen, sondern öffentlich zugänglichen Formaten und in angepasster Sprache, und dann vielleicht in einer Kombination mit einer Lesung. Diskussionsabende finde ich auch spannend, oder science slams.
GöHört: Worin liegen die Herausforderungen in der Wissenschafts- kommunikation? Stichwort: Komplexität und Zielgruppenorientierung
Prof. Woud: Man hat den Zwiespalt, dass man es nicht zu komplex präsentieren möchte, damit es verständlich ist, dadurch verliert man aber auch wichtige Details und manchmal Feinheiten, die doch sehr wichtig sein können, und manchmal ist es halt auch einfach komplex. Dazu kommt, dass die Antwort oft lautet, dass wir etwas noch nicht ganz genau wissen, trotz intensiver Forschung, und diese Unsicherheit kann man nicht einfach ausblenden oder Dinge als Fakten präsentieren, obwohl es eigentlich nicht so ist.
Was die Zielgruppe betrifft: Auch daran sollte man sich in der Tat anpassen, also Aktivitäten z.B. mit Kindern oder Jugendlichen gestalten sich ganz anders als mit Erwachsenen oder älteren Menschen. Der Inhalt und die Sprache spielen dabei auch wieder eine wichtige Rolle, also ich würde z.B. meine Angstforschung bei Kindern inhaltlich etwas anders präsentieren, als bei Erwachsenen.
GöHört: Wie gut ist die deutsche Wissenschaftskommunikation?
Prof. Woud: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat immer wieder Aktionen und Aufrufe, #FactoryWisskomm oder die Wissenschaftsjahre, das sind wichtige Entwicklungen. Ich sehe auch viel auf Social Media, zB Twitter oder Bluesky. Aber man muss auch gut überlegen, wie man Wissenschaftskommunikation kommuniziert – Social Media oder andere digitale Medien werden nicht von allen in der Bevölkerung genutzt, bzw. selbst ich habe Kolleg:innen, die es nicht nutzen. Universitäten haben hier auch eine Verantwortung, und speziell das Forum Wissen hat hier wirklich ein richtig gutes Format gefunden, um gute Wissenschaftskommunikation zu realisieren, also immer nach dem Motto „rein in die Öffentlichkeit“, mit verschiedensten Aktivitäten, siehe z.B. auch die Initiative „Science goes City“ der Universität Göttingen.
GöHört: Vielen Dank für das Interview!
Den Link zum ganzen Beitrag im Podcast findert ihr hier:
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