Prof. Anne Schacht  – Lehren und Lachen: Ein Spagat?

Von Antonia Dopp und Joana Fuchs

„Ein dritter wichtiger Grund, warum wir Wissenschaftskommunikation brauchen und auch zunehmend brauchen werden, liegt darin, dass wir in unserer Gesellschaft eine massive Zunahme in der Verbreitung von falschen Informationen haben, der wir – als Wissenschafter*innen – entgegentreten müssen, mit wirklich soliden Befunden, die wir in unserer Arbeit gewinnen.“

Prof. Anne Schacht, Professorin für Kognition, Emotion und Verhalten

„Wer hat die Kontrolle über unser Lachen?“ Mit diesem Thema leitete Prof. Dr. Anne Schacht, Abteilungsleiterin für Kognition, Emotion und Verhalten am Institut für Psychologie, die vierte Chalk Talk Season ein. Aktuell liegt ihr Forschungsschwerpunkt im Bereich Kognition und Verhalten in sozialen Kontexten. Und was gibt es für einen schöneren sozialen Kontext als das gemeinsame Lachen – und dabei Lernen. Sie eröffnet mit ihrem Chalk Talk spannende Einblicke in die Welt des Lachens und kitzelt ganz nebenbei auch bei den Zuschauenden ein Schmunzeln hervor. Besonders herausfordernd dabei: Die Ergebnisvermittlung nur mit Kreide und Tafel.

GöHört: Was liegt Ihnen mit dem Vortrag bei den ChalkTalks am Herzen und warum haben Sie zugesagt?

Prof. Schacht: Es gab verschiedene Gründe, warum ich für einen Chalk Talk zugesagt habe. Zum einen fühle ich mich als Göttinger Professorin dem Forum verbunden und auch ein stückweit verpflichtet, diese Institution zu unterstützen. Zum anderen finde ich Wissenschaftskommunikation auch außerhalb der Universität zu betreiben – also wirklich an die Leute zu bringen – unfassbar wichtig. Das ist, denke ich, eine unserer zentralen Aufgaben, die wir als Wissenschaftler:innen auch erfüllen müssen. Ein dritter wichtiger Grund, warum wir Wissenschaftskommunikation brauchen und auch zunehmend brauchen werden, liegt darin, dass wir in unserer Gesellschaft eine massive Zunahme in der Verbreitung von falschen Informationen haben, der wir – als Wissenschafter*innen – entgegentreten müssen, mit wirklich soliden Befunden, die wir in unserer Arbeit gewinnen. Und dann gebe ich zu, dass ein weiterer Grund war, dass ich das Format der Chalk Talks herausfordernd und sehr interessant fand, und gerne ausprobieren wollte, also ob es gelingt, in diesem Format unsere Forschung und wissenschaftlichen Ergebnisse ohne technische Hilfsmittel an ein Publikum zu kommunizieren.

GöHört: Wie groß ist der Unterschied zwischen dem, was Sie präsentiert haben, und dem, woran Sie „wirklich“ arbeiten?

Prof. Schacht: Das, was ich präsentiert habe, ist das, woran wir unter anderem gerade wirklich arbeiten. In einem solchen Vortrag kann man natürlich nur einen Ausschnitt der Arbeit präsentieren. Und dann habe ich mich für ein Thema entschieden, von dem ich dachte, dass es gut geeignet ist für diese Chalk Talk Reihe und für so ein breites Publikum.

GöHört: Wie übersetzt man Wissenschaft?

Prof. Schacht: Wenn wir unsere Forschung darstellen, braucht es eine ganze Reihe von Prozessen neben der Übersetzung. Auch bei Vorträgen vor einem Fachpublikum muss man die eigene Arbeit begründen, kritisch reflektieren und in den theoretischen und empirischen Forschungsstand einordnen. Öffentliche Vorträge sind eine Herausforderung, weil man hier auf ein breites Publikum mit ganz unterschiedlichen Kenntnissen und Interessen trifft. Der „Übersetzungsprozess“ ist dabei aufregend, weil es darum geht, relativ komplexe Dinge in einer Sprache darzustellen, die für möglichst viele – optimalerweise alle – verständlich ist. Dafür muss man Komplexität herunterbrechen und vereinfachter darstellen, als man das innerhalb des eigenen Faches machen würde, ohne dabei aber Falsches zu vermitteln.

GöHört: Worin liegen die Herausforderungen in der Wissenschaftskommunikation? Stichwort: Komplexität und Zielgruppenorientierung

Prof. Schacht: Komplexe Sachverhalte allgemein verständlich darzustellen, ohne diese aber zu verfälschen oder zu trivialisieren, ist häufig schon ein Balanceakt – wenn dieser Balanceakt gelingt, macht es richtig Freude. Damit das gelingen kann, muss man natürlich versuchen, sich das potenzielle Publikum vorzustellen. Das habe ich im Fall des Chalk Talks hier in Göttingen auch gemacht. Gut ist, dass man mit hoher Sicherheit auf ein interessiertes Publikum stößt, da ja niemand gezwungen wird, sich einen solchen öffentlichen Vortrag anzuhören. Und dann versuche ich, die eigene Forschung, die ich dort vorstelle, nochmal breiter einzuordnen, um möglichst viele Menschen mit unterschiedlichen Interessen und Kenntnissen „abzuholen“. Für meinen Vortrag habe ich mich für unsere aktuelle Forschung zur Kontrolle von Lachen entschieden und dieses Thema dann auch aus der Perspektive andere Disziplinen heraus neu betrachtet. Insofern war es für mich ein unglaublicher Gewinn diesen Vortrag vorbereitet und gehalten zu haben, weil ich mich hierfür in Arbeiten nicht nur aus der Psychologie, Biologie und Neurowissenschaft, sondern auch der Philosophie, der Religions- und Geschichtswissenschaften eingelesen habe.

GöHört: Wie gut ist die deutsche Wissenschaftskommunikation?

Prof. Schacht: Grundsätzlich ist es so, dass Wissenschaftskommunikation global an Bedeutung gewonnen hat – leider nicht in allen Ländern, das wissen wir auch. Ebenso wie in anderen demokratischen Ländern ist auch in Deutschland Wissenschaftskommunikation wichtiger geworden und wird von vielen Individuen und Institutionen auch zunehmend geschätzt. Für mich zählt Wissenschaftskommunikation zu den zentralen Aufgaben meines Berufes, zu der ich mich verpflichtet fühle. Was wir erforschen, sollten wir nach außen transportieren, auch weil wir der Gesellschaft etwas zurückgeben müssen, von der wir viel bekommen. Wenn ich mir die aktuelle Entwicklung in Teilen der – auch westlichen – Gesellschaften anschaue, bin ich aber auch besorgt, auf welche Art und Weise die Kommunikation und Arbeit von Wissenschaftler*innen aufgenommen und angegriffen wird. Hier sollten wir sehr aufmerksam bleiben und alle Möglichkeiten ergreifen, dem entgegenzutreten.

GöHört: Vielen Dank für das Interview!

Den Link zum ganzen Beitrag im Podcast findert ihr hier:

https://open.spotify.com/embed/episode/2Bgg1ShvsXeBTu6snOCJuO?utm_source=generator

Hinterlasse einen Kommentar

close-alt close collapse comment ellipsis expand gallery heart lock menu next pinned previous reply search share star