Das Hummel-Paradoxon – oder: Warum Hummeln doch fliegen können

von Antonia Dopp

Wer kennt es nicht? Beim Ranking der Blütenbestäuberinnen steht die Hummel ganz oben. Die Argumente: Hummeln sind flauschig, friedlich und eigentlich zu pummelig zum Fliegen. Darauf aufbauend werden neue Mindsets begründet, wie „Die Hummel ist eigentlich zu dick zum Fliegen. Aber sie weiß das nicht und fliegt trotzdem“ (Quelle: irgendeines der vielen Instagram-Mindset-Seiten-Bilder).

Aber kann eine Hummel wirklich der Physik widersprechen? Richtigen Naturgesetzen? Und wenn ja, wie macht sie das? Mit Hummelblick?

Leider gibt es keine belegten Quellen, woher die gleich folgende Legende kommt, aber sie scheint in Deutschland sehr beliebt…

Alles beginnt mit einer Gruppe Studierender der Uni Göttingen (jaha – ihr habt richtig gelesen!). Sie studieren beim Aerodynamiker Ludwig Prandtl und ihre Geschichte interessiert damals vor allem die Medien:

Es war einmal ein Biologe (ob es wirklich ein Biologe war oder eine Biologin ist natürlich nicht bekannt…), der einen Aerodynamiker (gleiches Spiel wie eben) fragte, warum denn Hummeln fliegen könnten. So nahm der Aerodynamiker einen Bierdeckel zur Hand, rechnete so vor sich hin und kam auf folgendes Ergebnis: „Die Hummel hat 0,7 Quadratzentimeter Flugfläche und wiegt 1,2 Gramm. Nach den Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich, bei diesem Verhältnis zu fliegen“ (Quelle: Wikipedia, „Hummel-Paradoxon“). Und wenn dieser Satz nicht gestorben ist, dann hält er sich bis heute in den WhatsApp-Statusmeldungen und pastellfarbenen Instagram-Beiträgen.

So lautet also die Legende, aber was sagt die Physik? Das ist jetzt sogar ziemlich schnell geklärt. Der (oder die) Aerodynamiker:in ist nämlich mit der Annahme in seine Berechnungen gegangen, dass Hummeln so gebaut seien wie Flugzeuge. Wären sie das, wäre das Hummel-Paradoxon tatsächlich keine Legende und Hummeln wäre Physik egal.

Jetzt das große ABER: Sie sind es nicht. Flugzeuge haben starre Tragflächen, die Flügel der Hummeln hingegen sind aufgrund des enthaltenen Proteins Resilin sehr elastisch und daher alles andere als starr. Gleichzeitig sind die Flügel nicht steif an den pelzigen Hummelkörpern befestigt, sondern rotieren kreisähnlich, sodass ein Wirbel an den Flügeln entsteht, der einen Auftrieb erzeugt. Vom Prinzip her wie bei einem Hubschrauber. 

Fun Fact hinterher: Man hat schon einmal Hummeln auf 5.600 Metern Höhe beobachtet, nämlich auf dem Mount Everest.

Was lernen wir daraus? Hummeln trotzen zwar nicht den Gesetzen der Natur, aber tollkühn sind sie trotzdem.

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